Donnerstag, 19. Februar 2009


Meine liebe Tochter,

eines Tages wirst Du so groß sein, dass Du selber Kinder haben wirst, die hoffentlich genau so süß sind wie Du jetzt. Und dann wirst Du als junge Mutter in einer Buchhandlung einem Regal begegnen, vor dem ich Dich warnen möchte. Dieses Regal steht voller Bücher, und oben an dem Regal steht in großen Buchstaben „Ratgeber für Eltern“. Wenn ich Dir einen Rat geben darf, mein kleiner Augapfel, dann diesen: Meide dieses Regal.

Sicherlich, es ist nicht alles Katzengold was glimmert, aber einige dieser Ratgeber von eigenen Gnaden sind von schlechten Menschen geschrieben. Zum Beispiel das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“. Wenn Du auf dieses Buch stößt, verbrenne es. Wenn es dazu nötig ist Petroleum darüber zu gießen, dann mache es. Am besten, das ganze Regal brennt ab. Das schadet nicht. Ich weiß wovon ich spreche. Ich habe dieses Buch, und die Mama und ich haben darin gelesen und wir haben getan was drin stand und es tut uns leid was wir Dir danach angetan haben. Wirklich. Niemand sollte das seinem Kind antun was Annette Kast-Zahn und Hartmut Morgenroth (möglicherweise in bester Absicht, wer weiß?) dem unbekannten Leser raten.

Dabei ist es doch so einfach. Ein Kind schläft dann gut wenn es müde ist, und sich wohl und geliebt fühlt. Wann es müde ist können wir nur schlecht beeinflussen. Lassen wir das also. Das ein Kind sich wohl fühlt lässt sich besser einrichten. Dazu reicht es meist auf die eigene Intuition zu achten. Die kennt sich prima aus. Dass es sich geliebt fühlt, das liegt vollkommen in unserer eigenen Hand. Und wenn alles nichts hilft, dann muss ich mich als Elterntier fragen ob wirklich was fehlt, oder ob es einfach nur daran liegt, dass mir was nicht passt. Denn letzteres kommt oft vor, aber das ist halt so bei Kindern.


Rabenkinder

Wenn die Raben Kinder haben,
kümmern sie sich drum:
Rabenmutter holt das Futter
und fliegt weit herum.
Rabenvater scheucht den Kater
oder Katze weg.
Wenn die Kleinen ängstlich weinen
kriegt er einen Schreck.

Die Rabenkinder haben Eltern lieb und gut,
die ernähren und beschützen ihre junge Brut.
Teure Mädchen, werte Knaben;
Sagt nun selbst, sind solche Raben Rabeneltern?
Nein!
Lasst uns wünschen liebe Leute,
manche Menschen mögen heute
Eltern wie die Raben sein!

(aus: „Florentine“ von James Krüss, ©James Krüss Erben)



In Liebe,

dein Papa